Ostermorgen

Kreuz im Sonnenaufgang · Christel Holl, Rastatt/Germany © Beuroner Kunstverlag, D–88631 Beuron · www.klosterkunst.de Das Motiv ist als Kunst-Klappkarte Nr. 6869D erhältlich. (c) Beuroner Kunstverlag, D–88631 Beuron · www.klosterkunst.de
Datum:
Fr. 12. Apr. 2019
Von:
Alexandra Scherrers

Wie sehr fasziniert mich der Wechsel von Licht in unserer Niederrheinlandschaft. Ob es das zaghafte Morgenlicht ist, das durch den Nebel die ersten Strahlen auf den Boden schickt, und alles weiche Konturen besitzt oder die Mittagssonne alles in kräftige Farben taucht und das Frühlingsgrün ganz besonders zum Vorschein kommt. Oder der Himmel sich am Abend in ein Kleid aus unterschiedlichsten Rottönen hüllt. Selbst im Gewitter oder im fieselnden Nebelregen kann ich staunend schönes entdecken.

Der Ostermorgen hüllt das Kreuz in ein neues, strahlendes Licht. Golden scheint die Sonne auf ein weißes Kreuz, das der schwarzen Erde entspringt. Nur die Form ist vom Schrecken des Folterwerkzeuges noch geblieben. Der österliche Blick verwandelt das Kreuz in ein Siegeszeichen. So haben wir es ja schon am Karfreitag besungen.

Paulus schreibt an die Gemeinde in Korinth schon über dieses Phänomen:

„Wir verkündigen Christus, als den Gekreuzigten: für Juden ein empörendes Ärgernis, für Heiden eine Torheit, für die Berufenen aber, Juden wie Griechen, Christus, Gottes Kraft und Gottes Weisheit.“ (1 Kor 1,23)

Ein Ärgernis, denn der ans Holz gehängte ist ein von Gott verfluchter.

Eine Torheit, denn der am Kreuz gestorbene hatte noch nicht einmal das Recht auf einen anständigen Tod.

Gottes Kraft und Weisheit, das erkennt schon der heidnische Hauptmann unter dem Kreuz, wenn er bekennt: „Wahrhaftig, dieser Mensch war Gottes Sohn.“ (Mk 15,39) Was hat er gesehen? Welches Licht fiel auf das Kreuz?

Ich sehe im österlichen Licht Gott, der wie bei der Menschwerdung das Kleine und Niedrige wählt, um uns zu begegnen, um uns ins Auge blicken zu können. Hier nicht im Ausgeliefertsein des Anfangs menschlichen Lebens, sondern in der Tiefe der Schuldverstrickung und der Niedertracht. Selbst dort, wo jegliche Liebe abwesend scheint, leuchtet seine Liebe auf.

Das ist der Sprung ins Kalte Wasser, dem Kind hinterher, ohne zu wissen, ob man es selber schafft. Das ist der Hecht in die Bahn der Kugel, die einem anderen gegolten hat. Das ist das Ertragen, welches die Konsequenzen für die Tat eines anderen auf sich nimmt, damit das Leben desjenigen weitergehen kann. Das ist der Tod des Sohnes Gottes am Kreuz im Licht des Glaubens.

Dinge im Licht des Glaubens sehen heißt, mit dem Blick der Liebe auf diese Dinge sehen. Manches, was der Welt als Torheit vorkommt, was an den Maßstäben von Gewinn und Erfolg gemessen sinnlos scheint, enthüllt seine Größe unter den Vorzeichen der Liebe.

Ostermorgen

Ich wünsche ihnen von Herzen österliche Augen. Ich wünsche ihnen die Erfahrung von Gott an ihrer Seite und die österliche Gewissheit, dass die Liebe über den Tod gesiegt hat.

Ihr Pastor

 

Info zum Bild:

Kreuz im Sonnenaufgang · Christel Holl, Rastatt/Germany
© Beuroner Kunstverlag, D–88631 Beuron · www.klosterkunst.de
Das Motiv ist als Kunst-Klappkarte Nr. 6869D erhältlich.