Und der Friede hat kein Ende

WhatsApp Image 2023-05-15 at 10.36.37 (c) Alexandra Scherrers
Datum:
Mi. 17. Mai 2023
Von:
Wolfgang Türlings

Liebe Gemeinden in Born-Bracht-Brüggen!
Als ich in den letzten Tagen mit meinen Gedanken für das Vorwort des Ihnen nun vorliegenden Pfarrbriefes unterwegs war, da waren es zwei Begriffe, die mir durch den Sinn gingen: Es waren der Friede und die Ferien. Die Sommerferien stehen ab dem 22. Juni vor der Tür und die Fragen rund um den Frieden beschäftigen uns angesichts des Ukrainekrieges täglich.
Aber was hat das miteinander zu tun? Die Ferien haben wir alle uns doch redlich verdient im Blick auf den Alltag mit all seinen Fragen und Belastungen. Und trotzdem geht auch während unserer Ferien der Krieg – nicht nur in der Ukraine – grausam, täglich ja stündlich unerbittlich weiter.
Wie bekommen wir das in unseren Herzen, in Kopf und Gemüt zusammen? Während wir unsere Freizeit mit vielen Vergnügungen genießen, sterben anders-wo Menschen im Kampf. Und das sind nicht nur Ukrainer, sondern auch Russen. Wie kann das alles sein?
Es ist wohl die Realität menschlichen Lebens, dass darin vieles Glückliche aber vieles Unselige enthalten ist. So hart und unverständlich es sein mag. Die Fragen, die uns heute immer wieder bedrängen, sie gab es zu allen Zeiten. Immer schon gab und gibt es im menschlichen Leben diese krassen, unbegreiflichen Wider-sprüche von Liebe und Krieg.
Das macht es auch nicht besser. Nichts kann sinnlose Gewalt rechtfertigen. Nichts! 
Aber wie können wir damit umgehen? Wie können wir den Sommer genießen, uns zumindest zeitweise ein wenig freimachen, während anderswo Unfriede herrscht?
Werfen wir doch einen Blick in die Heilige Schrift: Schon das Alte Testament kennt Krieg, Tod und Bitterkeiten in reichem Maße. Die Psalmen allein geben davon Zeugnis. Und das Leid finden wir auch im Neuen Testament. 
Es gehört also wohl unzweifelhaft zum menschlichen Leben dazu. Ist damit alles gesagt?
Nein, es muss doch auch etwas geben, das uns helfen kann mit allem zurecht zu kommen, was uns Christen eine Hoffnung gibt.
Aber nicht schönreden was ist, sondern eine Perspektive zu haben für das Leben und die Liebe insgesamt. Das ist ganz unzweifelhaft die Botschaft, die uns gerade und ganz besonders das Neue Testament gibt.
Der Altbischof von Limburg Franz Kamphaus hat es einmal so ausgedrückt (Zitat aus „Lichtblicke“, darin „Die Wende zum Frieden“, Herder Verlag 2001):
„Dort wo wir in Kleinkriege und Stellvertreterkriege verwickelt sind, mit Schlagwörtern aufeinander einschlagen und uns und andere kaputtmachen, dort schon steht der Friede auf dem Spiel. Welche Bilder prägen uns, welche Gedanken leiten unser Handeln? Ist es nicht verrückt, dass wir – frei Haus geliefert – immer mehr Gewalt anschauen, und dann knallt´s am Ende. Mit welchen Bildern lassen wir unsere Seele bestrahlen? Wenn die Ur-Bilder des Glaubens durch zerstörerische Bilder abgelöst werden – das hat Folgen. Wir werden uns noch wundern.
Die Wende zum Frieden in Gerechtigkeit, die wir im Weltmaßstab erbitten, beginnt vor der eigenen Tür, in unserem persönlichen Leben. Und der Friede hat kein Ende, verheißt der Prophet (Jes 9,6). Unsere Aufgabe ist es, damit vor Ort anzufangen.“ (Zitat Ende)
Ich schließe daraus, dass wir alle zwar aufgerufen sind, für den Frieden in unserem Leben mit unseren Möglichkeiten einzutreten und ihn zu verwirklichen, aber wir erkennen dürfen, dass dem auch Grenzen gesetzt sind.
Die Last der Welt können wir nicht auf den Schultern tragen, ja, wir dürfen und müssen auch unsere Seelen schützen, auf das Schöne des Lebens schauen, es in unserem Leben wirklich werden lassen. Und das sind ganz unzweifelhaft die Momente, in denen Eltern ihre Kinder zur Taufe tragen. Das sind die Momente, in denen sich Menschen um Kranke und Behinderte kümmern. Es sind die Momente, in denen sich die Nachbarn um ihre Nachbarn sorgen. Es sind die Momente, in denen wir einander eine Freude bereiten. Es sind die Momente, in denen Menschen sich ihre Liebe zusprechen.
Noch einmal der Altbischof Kamphaus im gleichen Buch: „Gewalt ist keiner der Namen Gottes. Gottes Stärke ist seine Gewaltlosigkeit.“
Ja, wir sind vielleicht zuweilen machtlos und meine Ausführungen bruchstückhaft, vielleicht auch hilflos und vielleicht bleiben auch nur die Worte des Apostels Paulus: Für jetzt bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; doch am größten unter ihnen ist die Liebe (1 Kor 13, 13).
Trotz allem, oder gerade deswegen wünsche ich allen eine schöne und erholsame Sommerzeit!
Ihr und Euer Diakon W. Türlings